profschrader.de 2018
Informationen aus der Retinologie
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Informationen aus der Retinologie
retinale Venenverschlüsse
Krankheitsbild
Der retinale Venenverschluß kommt durch eine Abflußstauung zustande, wahrscheinlich als Folge einer partiellen Thrombose. Tritt der Verschluss an der Durchtrittstelle durch die sogenannte Lamina cribrosa in den Sehnervenkopf auf, entsteht ein Zentralvenenverschluss. Tritt der Verschluss an einer Kreuzungsstelle einer Netzhautarterie mit einer Netzhautvene, entwickelt sich ein Venenastverschluss. Die Ursachen sind nicht bekannt, jedoch kann man einige Risikofaktoren ausmachen. Hierzu zählen vor allen Dingen kardiovaskuläre Risikofaktoren (arterielle Hypertension, Arteriosklerose, Diabetes mellitus), aber auch ein erhöhter Augendruck. Im Vergleich zur Normalbevölkerung kann man eine leicht erhöhte Blutviskosität messen, in einigen Fällen vielleicht auch eine Störung des antikoagulatorischen Systems. Das Therapieziel muß sein, durch den Blutfluss verbessernde Maßnahmen die Sehschärfe zu erhalten oder zu verbessern und schwere Komplikationen (Glaukom durch Gefäßneubildungen, zentrale Netzhautschwellung (zystoides Makulaödem)) zu verhindern. Letzteres geschieht vor allen Dingen durch die Laserbehandlung.
Sinnvolle Therapiemöglichkeiten (durch randomisierte Studien belegt)
Nur wenige dieser Therapieansätze konnten erfolgreich durch randomisierte Studien belegt werden. Dieses sind im wesentlichen die Hämodilution (siehe bei Hansen 1994, Chen et al 1998), die Gabe von Toxerutin (Glacet-Bernard et al 1994) sowie durch Laserkoagulation. Mit den Laserkoagulationen werden vor allen Dingen die Komplikationen wie Makulaödem und Gefäßneubildungen, verhindert. Ferner wurden Studien mit sogenannten Anti-VEGF Hemmern (Lucentis®, Eylea®), aber auch mit einem Kortisonpräparat (Ozurdex®) durchgeführt, mit denen ebenfalls erfolgreich diese Komplikationen behandelt werden können. Wiederholte Gaben dieser Wirkstoffe in den Glaskörper führen im Durchschnitt zu einer deutlichen Visusverbesserung. Ozurdex® wurde im Sommer 2010 in Europa zugelassen. Die Zulassung für Lucentis® erfolgte 2011, die Zulassung für Eylea® 2013. Bei 50% der Patienten scheinen 3 Injektionen auszureichen, im Gegensatz zur Netzhautschwellung bei der diabetischen Retinopathie oder bei der altersbedingten Makuladegeneration sind meist weniger als 15 Injektionen insgesamt erforderlich.
Was kann mit diesen Therapien erreicht werden?
Durch die Behandlung mit Hämodilution kann inder Akutphase der Anteil der Patienten, die eine Visusverbesserung erfahren etwa verdoppelt werden (von 20 auf 37%). Auch wird ermöglicht, daß mehr Patienten im Lesebereich bleiben (Hämodilution 42%, Kontrollen 16%). Etwas schlechtere Ergebnisse werden durch die Behandlung allein mit Toxerutin als auch mit der Kollateralenbildung erreicht. Dies bedeutet gleichzeitig, daß ein Großteil der Patienten trotz einer Behandlung keine Verbesserung erfährt! Dies trifft besonders für Patienten zu, die einen schlecht eingestellten Blutdruck, einen Diabetes mellitus und ein hohes Alter aufweisen. Wenn dann noch ein mehr ischämisch-exsudatives Bild mit hohem zystoidem Makulaödem und starken Einblutungen hinzukommt, sind die Aussichten für eine Visusverbesserung trotz Therapie schlecht. In den anderen Fällen halten wir nach heutigem Wissensstand eine blutverdünnende Therapie für notwendig und erfolgversprechend.
Die Durchführung erfolgt nach dem Freiburger Hämodilutions- und Behandlungsschema
Mit intravitrealen Eingaben (das bedeutet, das Medikament muss in das Auge durch eine kleine Operation eingebracht werden) von sogenannten Anti-VEGF Hemmern (Avastin®, Lucentis®, Eylea®), oder mit dem Kortisonpräparat (Ozurdex®) läßt sich ein durch den Verschluss verursachtes Makulaödem (Schwellung der Netzhautmitte) vorübergehend, das heisst, je nach Medikament für die Dauer von einigen Wochen bis Monaten, verringern, mit der Abnahme der Netzhautschwellung geht dann meist ein Funktionsanstieg einher. Die Anti-VEGF Hemmer (Avastin®, Lucentis®, Eylea®) sollten solange monatlich verabreicht werden, bis bei drei aufeinander folgenden monatlichen Kontrollen keine morphologische oder funktionelle Änderung mehr beobachtet wird. Nach Stabilisierung können die Therapieintervalle verlängert, u.U. kann die Behandlung auch pausiert werden. Die Eingabe des Kortisonpräparates (Ozurdex®) muß möglicherweise nach 3-6 Monaten wiederholt werden.
retinale Arterienverschlüsse
Krankheitsbild
Ein schmerzloser Sehverlust kann durch einen venösen Netzhautgefässverschluss, aber auch durch einen akuten Verschluss der Arteria centralis retinae entstehen. Die Spontanprognose dieser Erkrankung ist schlecht: häufig kommt es zu einer bleibenden Erblindung oder einem hochgradigen Visusverlust des betroffenen Auges.
Therapeutische Ansatzpunkte bei retinalen Arterienverschlüssen
Abklärung von Risikofaktoren, wie kardiovaskuläre Risikofaktoren (arterielle Hypertension, Arteriosklerose, Diabetes mellitus) und erhöhter Augendruck.
Polypragmatische konservative Therapiekonzepte mit Parazentese und Azetazolamidapplikation zur Senkung des Augeninnendrucks, lokalen und systemischen Maßnahmen zur Verbesserung der Perfusion sowie die Applikation von gerinnungshemmenden Substanzen führen zu keiner signifikanten Verbesserung des Spontanverlaufs – wie retrospektiv vergleichende Studien belegen.
Auf der Suche nach effektiveren Therapien wurde in mehreren Zentren in Analogie zur Frühbehandlung von Schlaganfällen durch lokale intraarterielle Injektion eines Fibrinolytikums die Akutlyse beim Zentralarterienverschluss entwickelt. Dabei wird unter Röntgendurchleuchtungskontrolle über einen femoralen Zugangsweg (Beinarterie) ein Mikrokatheter bis in die A. ophthalmica vorgeschoben und anschließend das Fibrinolytikum lokal appliziert. Die bisherigen Ergebnisse dieser neuen Therapieoption sind vielversprechend; insbesondere bei frühzeitigem Therapiebeginn und subtotalen Zentralarterienverschlüssen konnte der Visus im Vergleich zu konservativ behandelten Patienten deutlich verbessert werden. Das Blutungsrisiko ist bei der lokalen Fibrinolytikaapplikation gering.
Um einen validen Vergleich der Wirksamkeit und möglicher Komplikationen der herkömmlichen konservativen Maßnahmen mit der lokalen intraarteriellen Lyse ziehen zu können, bedarf es jedoch einer prospektiven randomisierten klinischen Studie, bei der die Patienten nach dem Zufallsprinzip eine der beiden Therapien erhalten.
Zu diesem Zweck hatte die „European Assessment Group for Lysis in the Eye“ (EAGLE) eine multi-zentrische prospektive und randomisierte Therapievergleichsstudie konzipiert und initiiert, an der insgesamt 19 ophthalmologische und neuroradiologische Zentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz teilnahmen.
Einzelheiten zu den Ein- und Ausschlusskriterien zu dieser Studie sind auf der Homepage der EAGLE-Studie zu finden. Eine Zwischenauswertung ergab, dass mit einer Behandlung innerhalb der ersten 10 Stunden (gemessen ab dem Zeitpunkt, als zuletzt ein guter Visus bemerkt wurde), die Funktion besser erhalten werden kann als ohne frühzeitige Therapie. Bestandteile der Therapie in der Eagle-Studie im „konservativen Arm“ waren: Intravenöse Heparin-Injektion, intravenöse Azetazolamid-Injektion, Augapfelmassage, Tropfenapplikation von Betablockern zur Augendrucksenkung, isovolämische Hämodilution und ASS-Gabe. Im alternativen Arm der Studie wurden intravenöse Heparin-Injektion und eine lokase Lysebehandlung eingesetzt. Signifikante Unterschiede zwischen beiden Behandlungsarmen fanden sich unter den untersuchten 70 Patienten nicht. Die Studie wurde daraufhin beendet.
Forschung an der Universitätsaugenklinik Würzburg zum Thema Gefäßverschlüsse
1. Anteriore ischämische Optikusneuropathie, randomisierte Behandlung mit Brimonidine vs. Placebo, eine Multizenterstudie BRAION (Priv. Doz. Dr. Schrader und Mitarbeiter; zusammen mit der BRAION-Studiengruppe: Leitung Dres. Wilhelm, Tübingen)
2. Anteriore ischämische Optikusneuropathie, Prophylaxe einer AION am zweiten Auge mit Brimonidine, eine Multizenterstudie BRAION (Priv. Doz. Dr. Schrader und Mitarbeiter; zusammen mit der BRAION-Studiengruppe: Leitung Dres. Wilhelm, Tübingen)
3. Konservative Therapie des Zentralarterienverschlusses (ZAV) versus systemische oder intrarterielle Fibrinolyse, eine randomisierte, prospektive und multizebntrische Studie, EAGLE-Studie (PD Dr. Schrader, Dr. Kann, Dr. Kampik und Mitarbeiter; zusammen mit der EAGLE-Studiengruppe: Leitung Prof. Schumacher, Freiburg
Aus eigenen Publikationen zum Thema Gefäßverschlüsse
1. Schrader WF (2010) Notfälle in der Augenheilkunde. Teil 1: spontane Notfalllsituationen ohne Schmerzen. Internistische Praxis 50: 795
2. Schumacher, M., D. Schmidt, et al. (2010). "Central retinal artery occlusion: local intra-arterial fibrinolysis versus conservative treatment, a multicenter randomized trial." Ophthalmology 117(7): 1367-1375
2. Schrader WF (2009) Notfälle in der Augenheilkunde. Therapeutische Umschau, 66 (3): 211 - 219
3. Guthoff R, Meigen T, Hennemann K, Schrader WF (2009) Comparison of bevacizumab and triamcinolone for treatment of macular edema secondary to central retinal vein occlusion in a pair-matched analysis. Ophthalmologica, 200;224(2):126-132
4. Guthoff R, Meigen T, Hennemann K, Schrader WF (2009) Comparison of bevacizumab and triamcinolone for treatment of macular edema secondary to branch retinal vein occlusion in a pair-matched analysis. Ophthalmologica, 224(5):319-324..
5.Schrader WF, Herzog S (2009) Umschriebene hochblasige Netzhautablösung nach radiärer Optikusneurotomie bei Zentralvenenverschluss. Ophthalmologe 106: 1022 – 1023
Zuletzt aktualisiert am 1.3.2015
Gefäßverschlüsse
01.03.2015
Den Gefäßverschlüssen liegt in der Regel ein multifaktorielles Geschehen zugrunde, dessen wesentliche Komponenten in der Schädigung des Gefäßinnenwand, der Verlangsamung der Blutströmungsgeschwindigkeit sowie einer vermehrten Gerinnungsneigung bestehen (Virchow-Trias).